Über die Qualität der Liebe...
… oder warum man vielleicht doch vorsichtig sein sollte, mit dem, was man sich wünscht.Sicherlich kennt jede(r) von Euch vielfältige Arten der Liebe, wie die Liebe zu einem Kind, zu den Eltern, den Geschwistern, zu Freunden. Davon jedwede Art hat ihre eigene Qualität und ihre eigene Berechtigung, berührt eine andere Faser unseres Seins. Aber über all diese Arten der Liebe will ich hier und heute nicht sprechen.
Ich möchte heute nachdenken – und dieses Nachdenken mit Euch teilen – über die diffusen Varianten, die die Liebe in verschiedenen Partnerschaften einnehmen kann.
Nun, um mich einigermaßen verständlich machen zu können, muß doch erwähnt sein, daß ich, im etwas fortgeschritteneren Alter befindlich, schon auf mehrere Partnerschaften zurückblicken darf. In ihrer jeweils aktuellen Zeit hatte jede dieser Partnerschaften die Bedingung „Liebe“ erfüllt.
Dennoch scheinen sich, völlig unabhängig von der berechtigten und durchaus vorhandenen Individualität jeder Beziehung, zwei verschiedene „Liebes-Muster“ herauskristallisieren zu lassen, die im Dom/Sub-Verhältnis noch viel ausgeprägter sind als in einer Vanilla-Beziehung, aber unabhängig von dieser Ausprägung dann doch verglichen werden können.
Das eine ist das „Ich-liebe-Dich-mehr-als-Du-mich“-Modell (nennen wir es im folgenden einmal „Modell 1“), das geprägt ist von einer schier grenzenlosen Liebe zum Partner meinerseits. Ist dies das aktuell aktive Modell, so wandle ich unversehens entlang am Grat der Selbstaufgabe, werfe oft viele meiner Grundsätze über Bord und tue nahezu alles, um den über alles geliebten Menschen nicht zu verlieren. Hier fällt es mir ganz leicht und gleichsam automatisch in den Schoß, Sub zu sein und ihm zu dienen. Ich bin so willfährig wie ein Hündchen, nur um seine Gunst nicht einzubüßen.
Das andere ist das „Ich-werde-mehr-geliebt-als-ich-liebe“-Modell (das mag im folgenden der Kürze halber einmal „Modell 2“ genannt werden). Hier habe ich doch manchmal tatsächlich das Gefühl, die „Oberhand“ zu haben. Die Selbstaufgabe hält sich in Grenzen und es fällt mir leichter, meine an mich selbst gestellten Ansprüche in punkto Konsequenz und Eigenständigkeit aufrecht zu erhalten. Allerdings ist das Fallenlassen ins Sub-Sein in einer aktiven Phase dieses Modells sehr viel schwieriger. Ich muß die Verantwortung bewußt an den Partner übertragen und recht schnell nach der „subbigen Handlung“ hole ich sie mir wieder zurück.
Mag es nun an meinen persönlichen Erfahrungen liegen oder gewisse Allgemeingültigkeit besitzen: Ich jedenfalls habe für mich festgestellt, daß „meine Männer“, die zu Modell 1 gehören, jeweils wieder sehr individuell, so aber doch durchweg Schufte waren, die sich nicht so sehr darum kümmerten, wie es um mein Seelenheil bestellt war innerhalb der Beziehung. Für sie hatte oft ihr eigenes Wohl oberste Priorität und sie genossen es durchweg von dem Podest herab, auf das ich sie gestellt hatte, auf mich herabzublicken. Das ging dann allerdings nur immer so lange gut, bis sie den Bogen überspannten und selbst ich mit meiner rosaroten Brille die Tatsachen nicht länger übersehen konnte. Das Ende war meist ein trauriges – mit vielen Tränen und „nie-wieder“-Schwüren für mich.
Männer, die dem Modell 2 zugeordnet werden können sind im Vergleich dazu geradezu Heilige. Sie tragen mich auf Händen, erfüllen mir nahezu jeden Wunsch, den sie zu erfüllen in der Lage sind, bedenken mich mit den süßesten Kosenamen und umfangen mich mit ihrer Liebe wie mit einem warmen Mantel. Sie machen ihr Wohlergehen abhängig von dem meinen und tun mir Gutes, damit es ihnen selbst gut geht. Sie belügen mich nicht, sie betrügen mich nicht, ich kann ihnen voll vertrauen. So eine Beziehung geht meist dann zu Ende, wenn ich unter dem dicken warmen Liebes-Mantel fürchterlich ins Schwitzen komme und glaube, darunter ersticken zu müssen. Ein paar Tränen und kleine Seufzer bleiben dennoch zurück für mich, wenn ich den Mantel und seinen Träger fortgeschickt habe.
Die Schizophrenie des Ganzen - und meine eigene obendrein – offenbart sich mir dann, wenn genau folgendes passiert:
Bin ich mit einem Modell 1-Mann zusammen, wünsche ich mir nichts mehr als das Behütetwerden durch einen Modell 2-Mann. Habe ich jedoch einen Modell 2-Mann als Partner, so ersehne ich mir die Freiheit im Zusammensein mit einem Modell 1-Mann.
Liegt es an mir, daß ich nicht zufrieden und glücklich sein kann mit dem, was ich habe? Oder ist es das menschliche Wesen selbst, das immer nach Neuem, Höherem strebt? Wann oder wie kann man den Punkt erreichen, an dem man zu sich selbst sagen kann: „Gut ist’s! Sei zufrieden!“? - und es dann auch wirklich ist: zufrieden nämlich.
Ich hab nur Angst davor, daß es mir am Ende gar ergehen mag wie der Frau des Fischers, die am Schluß gar nichts mehr hatte, weil sie zu gierig wurde.
RoJ